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Österreich 1. Republik

Sammlung der Münzen der 1. Republik

 

Der Übergang von der Monarchie zur Republik (1918-20)


Mit der militärischen Niederlage zerbrach das Staatsgefüge der Habsburgermonarchie. Die Parteien des Reichsrates bekannten sich zum Selbstbestimmungsrecht der Völker.
 
Am 16.10.1918 verkündete Kaiser Karl I. ein "Völkermanifest", in dem er die Grundzüge eines neuen, nach nationalen Grundsätzen aufzubauenden Staates mit monarchischer Spitze entwarf. Jeder "Volksstamm" sollte auf seinem Gebiet im Rahmen eines Bundesstaates ein eigenes nationales Gemeinwesen gründen; dabei sollten sich die Reichsrats-Abgeordneten jeder "Nation" des Habsburgerstaates als Nationalrat konstituieren. Mit dem Umbau der Donaumonarchie suchte Karl I. vergeblich, der Auflösung seines Reiches entgegenzuwirken.

In Anknüpfung an das "Völkermanifest" erklärten sich die Reichsrats-Abgeordneten der deutschsprachigen Siedlungsgebiete der zisleithanischen Reichshälfte in Wien am 21.10.1918 zur Provisorischen Nationalversammlung des selbstständigen deutsch-österreichischen Staates. Am 3.11.1918 schloss die (letzte) kaiserlich-königliche Regierung den Waffenstillstand mit den Alliierten und löste in der Folgezeit die kaiserlich-königliche Armee auf. Nach dem Regierungsverzicht Karls I. und dem Rücktritt der Regierung Lammasch im Gefolge der Novemberrevolution proklamierte die Provisorische Nationalversammlung am 12.11.1918 die Republik "Deutsch-Österreich".
 

Aufbau und Krisen (1920-26)

Geprägt vom gegenseitigen Misstrauen in das demokratische Verhalten des anderen Partners, zerbrach im Juni 1920 die große Koalition aus CP und SP; zur Verabschiedung der Bundes-Verfassung und der Durchführung von Wahlen bildeten jedoch beide Parteien eine "Proporz-Regierung" unter dem Vorsitz von M. Mayr. Bei den Wahlen zum Nationalrat setzte sich die CP gegenüber der SP als stärkste politische Kraft durch und stellte in Koalition mit kleineren bürgerlichen Parteien, der Großdeutschen Volkspartei (GVP) und dem Landbund (LB), meist den Bundeskanzler. Erste Bundespräsident war 1920-28 der Parteilose M. Hainisch. Während die SP seit 1920 auf Bundesebene in Opposition stand, baute sie in Wien unter den Bürgermeistern Jakob Reumann und K. Seitz ihre Machtstellung aus und prägte in hohem Maße durch Reformen das moderne Profil der Stadt ("Rotes Wien").

Die innere und äußere Konsolidierung der neu entstandenen Republik war das entscheidende Problem der ersten Bundesregierung unter den Bundeskanzlern Mayr, J. Schober, I. Seipel und R. Ramek.

Am 10.10.1920 entschied sich die Bevölkerung des südlichen Kärnten in einer Volksabstimmung für den Verbleib bei Österreich. Ungedeckt durch den Friedensvertrag und ohne Billigung der Regierung Mayr fanden im Frühjahr 1921 Abstimmungen in Tirol und Salzburg über den "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich statt, die jedoch völkerrechtlich unwirksam blieben. In Vorarlberg zeigten sich Tendenzen für eine Vereinigung mit der Schweiz.
 
Gesellschaftspolitisch gesehen, verschärften die angespannte Ernährungslage und der Verfall der Währung ("galoppierende" Inflation) die innenpolitischen Spannungen. Unter Anerkennung des Verbleibs der sudetendeutschen Gebiete im tschechoslowakischen Staatsverband erhielt die Regierung Schober im Vertrag von Lana einen Kredit in Höhe von 500 Mio. Tschechenkronen. In Verhandlungen mit den Regierungen Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und der Tschechoslowakei schuf Bundeskanzler Seipel die Voraussetzungen für eine Sanierung vor allem des Staatshaushaltes: In Genfer Protokollen vom 4.10.1922 übernahmen die vier Verhandlungspartner Österreichs die Garantie für eine Anleihe von 650 Mio. Goldkronen, forderten aber als unerlässliche Voraussetzung eine vierjährige Finanzkontrolle des Völkerbundes und einen Verzicht auf den "Anschluss" an das Deutsche Reich. Gegen den Widerstand der Sozialdemokratie nahm der Nationalrat die Genfer Protokolle an. Mit der Einführung der Schilling-Währung (10 000 Kronen = 1 Schilling) unter der Regierung Ramek wurde die Sanierung der Staatsfinanzen abgeschlossen.
 

Eskalation der Gegensätze (1927-32)


Im Oktober 1926 wurde Seipel erneut Bundeskanzler, seit April 1929 gefolgt von den Regierungen unter E. Streeruwitz , Schober, Vaugoin, Ender und Buresch. Die Kurzlebigkeit der meisten Kabinette in der Nachfolge der Regierung Seipel stand ganz im Zeichen der parteipolitischen und ideologischen Polarisierung zwischen "Austromarxisten" und "Antimarxisten", das heißt, zwischen der Sozialdemokratie, die im Rahmen ihres "Linzer Programms" ein "sozialistisches Österreich" aufbauen wollten, und den bürgerlichen Kräften, vor allem der CP, in der immer stärker ständestaatliche Ideen in den Vordergrund traten. Verschärft wurden die Spannungen durch die Konfrontation ideologisch gegensätzlich ausgerichteter paramilitärischer Wehrverbände: dem sozialdemokratischen Republikanischen Schutzbund auf der einen und zunächst konservativen, später faschistischen "Frontkämpfervereinigungen" auf der anderen Seite. Als im Schattendorfer Prozess Angehörige der Heimwehren, die bei einem Zusammenstoß mit dem Republikanischen Schutzbund zwei Personen getötet hatten, freigesprochen wurden, kam es im Juli 1927 zu militanten Demonstrationen sozialistisch orientierter Arbeiter.


Das autoritäre Herrschaftssystem (1932-38)


Im Mai 1932 trat E. Dollfuß als Bundeskanzler an die Spitze einer Koalitionsregierung aus Christlichsozialen, Landbund und Heimatblock. Unter erneuter Anerkennung des Anschlussverbots erlangte Österreich im Lausanner Protokoll eine internationale Anleihe von 300 Mio. Schilling (mit vierjähriger Finanzkontrolle des Völkerbundes). Gestützt auf das Kriegswirtschaftliche Ermächtigungs-Gesetz vom 24.7.1917 nahm Dollfuß unter dem Eindruck seiner knappen parlamentarischen Mehrheit eine kurzzeitige Beschlussunfähigkeit des Nationalrates zum Anlass, diesen staatsstreichartig auszuschalten und errichtete auf dem Wege von Notverordnungen ein autoritäres Regierungssystem. Er löste den Republikanischen Schutzbund auf und setzte die Heimwehren als "Notpolizei" ein. Im Kampf gegen die Sozialdemokratie und den seit 1932 stark zunehmenden Nationalsozialismus gründete er als politische Plattform seine Herrschaft im Mai 1933 die Vaterländische Front. Außenpolitisch sicherte Dollfuß sein Regierungssystem durch eine enge Zusammenarbeit mit dem faschistischen Italien.
 
Im September 1933 konnten die Heimwehren mit der Besetzung des Vizekanzleramtes ihre Position in der Regierung Dollfuß stärken. Zur selben Zeit richtete die Regierung "Anhaltelager" zur Internierung politischer Häftlinge ein. Aktionen der Heimwehren gegen die Sozialdemokraten lösten im Februar 1934 einen Bürgerkrieg aus, in dem die Sozialdemokraten von Regierungstruppen, Polizei und Heimwehreinheiten blutig besiegt wurden; SP und Gewerkschaften wurden verboten, sozialdemokratische Landes- und Gemeinde-Verwaltungen abgesetzt. Mit der Zerstörung der österreichischen Arbeiterbewegung schuf Dollfuß die Voraussetzung für eine schon früher ins Auge gefasste Zusammenarbeit mit dem faschistischen Italien und mit Ungarn und für die Verkündung der autoritär-ständischen "Mai-Verfassung" (1.5.1934); gleichzeitig trat das am 5.6.1933 abgeschlossene Konkordat mit dem Heiligen Stuhl in Kraft.
Mit der Errichtung der NS-Diktatur in Deutschland verstärkten die österreichischen Nationalsozialisten unter wachsendem Zulauf ihre terroristischen Aktionen zur Durchsetzung des "Anschlusses" an das Deutsche Reich. Während Hitler die österreichische Regierung mit der Gründung einer "österreichischen Legion" unter Druck setzte, verbot Dollfuß im Juni 1933 die NSDAP und ihre Gliederungen in Österreich.
 
Mit Wissen deutscher Stellen unternahmen österreichische Nationalsozialisten den Juliputsch, bei dem Dollfuss ermordet wurde. Mit der von ihm geduldeten Niederschlagung des Putsches entzog Hitler den österreichischen Nationalsozialisten nach außen seine Unterstützung, vor allem um die aufgetretenen Spannungen zum faschistischen Italien abzubauen. Stattdessen sandte er den früheren deutschen Reichskanzler F. von Papen als Sonderbotschafter nach Wien, um durch Gleichschaltung den "Anschluss" vorzubereiten.

K. von Schuschnigg setzte zunächst auf der von Dollfuß geschaffenen autoritären Basis die Politik seines Vorgängers fort. Auf der Konferenz von Stresa erneuerten Frankreich, Großbritannien und Italien ihre früheren Erklärungen zugunsten der österreichischen Souveränität.
Nach dem Zusammenbruch der Stresafront sowie in Konsequenz der sich anbahnenden Annäherung zwischen Deutschland und Italien schloss Schuschnigg am 11.7.1936 mit der deutschen Regierung einen Vertrag, in dem sich seine Regierung auf der Grundlage gegenseitiger Nichteinmischung zu einer Außenpolitik als "deutscher Staat" verpflichtete und alle in Haft befindlichen Nationalsozialisten amnestierte.
 

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